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Von der Schulbegleitung profitieren alle

Speziell geschulte Mitarbeiterinnen der Bruderhaus Diakonie helfen Kindern mit Unterstützungsbedarf, in der Regelschule zurechtzukommen.

Der Junge ist einfach zum Knuddeln. Strahlend sitzt er da, die breite Zahnlücke bewegt sich auf und ab, während er erzählt und erzählt. Klar wisse er, warum ihn „die Diana“ in die Schule begleitet. Weil er ohne sie nicht so gut schaffen und sich konzentrieren könnte. „Das find ich einfach lieb von ihr“, sprudelt es aus dem Siebenjährigen heraus.

 

Denn mit dem Konzentrieren ist das so eine Sache. Zumindest, wenn man wie Kevin alles wahrnimmt, was in der Umgebung passiert und die vielen Eindrücke ungefiltert und unsortiert im Kopf herumschwirren. Doch kürzlich, da habe er sich voll konzentriert. „Als ich die Dinos angemalt hab, da hab ich nicht links und nicht rechts geschaut.“ Kunst sei halt sein „allerliebstes Lieblingsfach“.

 

 Kevin geht in die zweite Klasse der Grund- und Hauptschule mit Werkrealschule in Hohenstein. Er ist ein kluger, wacher, lebhafter Junge. Wegen der Diagnose ADHS (Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom und Hyperaktivität) geht eine Schulbegleiterin von FABI, dem Fachdienst Assistenz Beratung Inklusion der BruderhausDiakonie, an drei Vormittagen mit ihm zum Unterricht.

 

Diana Maulbetsch, Erzieherin und ausgebildete Inklusionsassistentin, hat Kevin schon im Kindergarten begleitet. Sie spürt sofort, wenn er unruhig und nervös wird oder wenn er nicht mehr kann. Wie bei schwierigen Mathematikaufgaben etwa. Kevin fällt gleich ein Erlebnis dazu ein: Vor kurzem sei er „schachmatt von Mathe“ gewesen, so dass er zu Hause nicht mal mehr mit seinem Bagger spielen konnte. Beim Stichwort Bagger kommt ihm die Baustelle hinter der elterlichen Wohnung in den Sinn. Unvermittelt erzählt er vom roten Haus, das abgerissen wurde, von Krach und Staub, und von Peter, dem Baggerführer. Sein Mund ahmt das Geräusch des Baggers nach, seine Arme bewegen sich wie die Schaufel nach links und rechts.

 

 „Kevin kann sehr anschaulich erzählen, was er erlebt hat“, bestätigt Klassenlehrerin Kerstin Stahl lächelnd. Sie mag den Kleinen, das merkt man deutlich. „Er ist ein sehr soziales, hilfsbereites Kind.“ Wenn er etwas angestellt habe, sei er einsichtig und entschuldige sich aufrichtig. Dank der guten Zusammenarbeit mit Diana Maulbetsch könne sich der Siebenjährige inzwischen besser auf den Lernstoff konzentrieren und länger an einer Sache dranbleiben.

 

Während sich in der ersten Klasse viele Kinder über sein ungestümes Benehmen beschwert hätten, gebe es heute kaum mehr Klagen. Lehrerin und Schulbegleiterin arbeiten im Unterricht Hand in Hand. Mal beschäftigt sich die eine mit dem Siebenjährigen, während sich die andere um die übrigen Jungen und Mädchen kümmert, mal ist es umgekehrt. „So kann ich viel individueller auf jedes Kind eingehen“, betont Kerstin Stahl.

 

Diana Maulbetsch schätzt die einfühlsame Lehrerin, die sich auch auf schwierige Kinder einlässt, sehr. Sie ist überzeugt, dass alle Beteiligten von der Schulbegleitung profitieren – die Schüler, die Lehrer und Kevins Eltern. Es gehe um die Unterstützung der ganzen Klasse, nicht nur um die Förderung des einzelnen Kindes, bestätigt Katrin Lauhoff, Fachdienst-Mitarbeiterin bei FABI.

 

Das Angebot soll die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen mit Unterstützungsbedarf in der Regelschule sichern. Kevin hat das Angebot genutzt und Fortschritte gemacht. Gerade deswegen sollte die Begleitung weitergehen, findet Diana Maulbetsch, damit die positiven Ansätze gefestigt werden können. Der Wechsel in die dritte Klasse bringe gravierende Veränderungen mit sich. „Es wäre sinnvoll, ihn in dieser neuen Situation weiter unterstützen zu können.“ Doch das hängt davon ab, wie lange das Jugendamt des Landkreises Reutlingen die Maßnahme finanziert.

 

Kevins Mutter hofft, dass die Schulbegleitung weitergeht. Zwar sei ihr Sohn, nicht zuletzt durch die Einnahme von Medikamenten, ruhiger und aufnahmebereiter geworden. Nach wie vor brauche er jedoch eine klare Struktur und feste Rituale. Damit das Durcheinander in seinem Kopf nicht größer wird.        kaw